Ein Portrait über Gabriela Liebrand, Ihre Leidenschaft und Motivation. Ursprünglich publiziert in der Rheinzeitung 14.12.2014 doch immer noch aktuell.
Sie erzählt über Leben, Arbeit und Trends und kommt dabei sogar ein wenig ins Philosophieren.
Angekommen Nach durchzogenen Berufsjahren beschliesst Gabriela Liebrand in der Mitte des Lebens, sich selbstständig zu machen. Jetzt hat sie ihr zweites Wollcafe eröffnet und will damit auch Gutes tun.
VON MAYA SCHMID-EGERT
Altstätten, Obergasse 7, 9.30 Uhr: Susanne Bucher steht zum ersten Mal seit Jahren wieder in einem Wollladen.
Als Kind hat sie das oft gemacht. Als Erwachsene fehlte ihr die Zeit. Nun will sie das ändern, denn sie liebt das Stricken. Was entstehen soll, weiss sie noch nicht: «Trendige Teewärmer, vielleicht.» Kundinnen wie sie sind typisch im kürzlich eröffneten Wollcaf. Stricken galt lange Zeit als uncöol. Selbstgemachtes hatte das gleiche verstaubte Image wie Birkenstockschuhe. Seit in London, Berlin, Wien Läden aus dem Boden schossen, ist das alte Handwerk wieder in. «Wir haben viele neue Kundinnen, die neugierig auf unsere Ideen sind», bestätigt Gabriela Liebrand. Natürlich gibt es auch treue Kundinnen wie Inkeri Cermak, die strickt, seit sie denken kann. Die Mutter hat es ihr beigebracht. Eine 'Finnin, die die Strickkultur des Landes weiter-pflegte. «Einst wars notwendig, heute tue ich es aus Freude», sagt sie. Für ihre Töchter fertigt sie Schals als Weihnachtsgeschenke an.
Tägliche «Woll-Weilness»
Bei Gabriela Liebrand ist es ähnlich. Wenn früher die drei Kinder wieder einmal ihren Puls in die Höhe trieben, was alle Eltern kennen, nahm sie Nadeln und Faden in die Hand: «Das half mir, runterzufahren.» Ohne das vertraute Klappern im Ohr beendet sie mittlerweile keinen Tag, kann dabei optimal abschalten: «Die
ativität entspannt und hilft, die Gedanken fliessen zu lassen, damit neue Ideen entstehen können. Ihr früheres Berufsleben war geprägt von der Sicherung der Existenz. Als Alleinerziehende standen die Bedürfnisse der Familie im Vordergrund. Die ausgebildete Kauffrau nahm jeden Job an: im Service, in der Metzgerei, im Denner. Glücklich machte es nicht, aber satt.
Stricken auch für Kinder
Die Wende kam mit fünfzig Jahren: Lebenspartner, Helmut Koch motivierte sie, ihr Hobby zum Beruf zu machen. Also räumte sie zu Hause bei der Alten Mühle in Garns das Wohnzimmer aus und funktionierte es zum Laden um. Seit sechs Jahren führt sie ihn, bietet Kurse, auch für Kinder, und einen Club an. Auf Ihren Webseiten www.wollcafe.ch bloggt sie über Aktuelles. Dort finden sich auch viele Strickideen und man erfährt, dasss es Wolle speziell für Taschen gibt, oder Lichtreflektierende für Mützen, die für Sicherheit in der Dunkelheit sorgen.
Mit Wollsachen helfen
Aus Dankbarkeit, dass sich die Dinge zum Guten entwickelt haben, unterstützt Sie Benachteiligte. In der «Langen Nact des Strickens» treffen sich Spendenwillige, um in gemeinsamer Runde Strickwaren herzustellen. So entstandene Socken spedieren Caritaslastwagen, zusammen mit Stiefeln, als Weihnachtsgeschenke nach Rumänien, dem Armenhaus Europas. Bedürftigen Familien in der Region bringt Gabriela Liebrand persönlich Teddybären, Decken oder Mützen. Denn: «Auch bei uns gibt es eine unvorstellbare Armut.» Neue Sachen zu schenken, die extra für sie angefertigt wurden, sei für diese Menschen ein wichtiges Zeichen von Solidarität.
«Haben Sie Anleitungen für Mützen mit Zopfmuster?», fragt die nächste Kundin. «Ja, klar», antwortet Gabriela Liebrand und nimmt ein Heft aus dem Regal. «Wenn ich nicht mehr weiterkomme, kann ich Sie dann fragen?» Sie nickt. Die Kundin meint: «Sobald ich wieder reingefunden habe, gehts leicht von der Hand.» Gabriela Liebrand lächelt und trägt sie in die Kundenkartei ein. Es ist der fünfte Einträg an diesem Morgen. Wenn Kundinnen ihr sagen, sie würden gerne stricken, wüssten aber nicht was, sagt sie: «Ich weiss, wem Sie eine Freude bereiten könnten.» Und denkt an die Familien, die Sie mit Wolle wärmen kann.
ZUR PERSON
Name: Gabriela Liebrand, Gams, Inhaberin Wollcafe
Ich bin stolz auf: MeinedreiKinder Esther, Beatrice und Thomas
Uebiingsort: In der Natur, in Garns und in Altstätten
Wen möchten Sie treffen? Wieder einmal meinem Sohn, der in Paris lebt
Tragen Sie einen Organspenderausweis? Nein
Mein Lebensmotor: Zeit für Hobbys zuhaben